3.Von Liebig bisLockdown
Paulo Glowacki
Programm: Outgoing 2019
Einsatzstelle: UNESCO-Welterbestätte „Paisaje Industrial Fray Bentos"
Einsatzland: Uruguay
Audio: Von Liebig bis Lockdown
Paulo Glowacki hat im September 2019 seinen Freiwilligendienst in Fray Bentos, Uruguay begonnen. Dort sollte er eigentlich ein Jahr lang an der UNESCO-Welterbestätte „Paisaje Industrial Fray Bentos" mitarbeiten. Im Frühjahr 2020 beendete die Corona-Pandemie Paulos Freiwilligendienst schlagartig. Er verließ Uruguay mit einem der letzten verfügbaren Flüge.
Paulo Glowacki:
"Zum Zeitpunkt meines Freiwilligendienst war ich der erste Freiwillige an der UNESCO-Welterbstätte Fray Bentos. Das brachte natürlich anfangs einige Herausforderungen mit sich, hat mich aber auch unheimlich wachsen lassen. Zu meinen Aufgaben vor Ort gehörten das Übersetzen von deutschen Gründungsdokumenten ins Spanische, Besucherführungen durch die Fabrikanlage, der Aufbau von internationalen Kooperationen sowie das Interviewen von Zeitzeugen – und dann kam Corona.
Montag, 16. März 2020: kulturweit informiert alle Freiwilligen, dass ihr Freiwilligendienst aufgrund der weltweiten Covid-19-Pandemie vorzeitig beendet wird und wir sobald wie möglich nach Deutschland zurückkehren müssen. Meine erste Reaktion auf diese Nachricht war Erschütterung, Trauer und Enttäuschung. Die Nachricht traf mich, so wie viele andere Freiwillige und meine Freunde in Uruguay, wie ein Schlag.
Nach der Nachricht begann ich gemeinsam mit meinen Eltern nach einem Rückflug zu suchen. Das war zunächst vergebliche Mühe, Callcenter und Websites der Airlines waren überlastet. Die meisten Stellen, an die ich mich, um Unterstützung bittend, wandte, waren ebenfalls überlastet oder wussten auch nicht mehr als man selbst. Ich saß also fest, was ich zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht so schlimm fand. Mir ging es gut, Uruguay hatte bis zum 20. März nur 110 bestätigte Infizierte. Gleichzeitig reagierte der Staat umfassend. Die Grenzen wurden geschlossen und das öffentliche Leben heruntergefahren, um die Ausbreitung einzudämmen. Nach kurzer Zeit wurde auch in meiner Einsatzstelle Home-Office angeordnet. Nach 10 Tagen, unzähligen Telefonaten und Gesprächen mit meinen Eltern, der Botschaft und kulturweit gelang es mir schließlich, an ein Flugticket zu gelangen, das hier zu sehen ist. Am 27. März flog ich mit einem der letzten regulären Flieger von Montevideo nach São Paulo und von dort weiter nach Frankfurt. Die Stimmung war gespenstisch, die Flughäfen und Bahnhöfe verwaist. Aber ich hatte es geschafft.
In Deutschland engagierte ich mich weiter für meine Einsatzstelle. Aus dem Homeoffice brachte ich meinen Freiwilligendienst zu Ende und konnte so den Kontakt zu meiner Einsatzstelle täglich aufrechterhalten. Ohne all die Menschen, die sich engagieren, würde unsere große Weltgesellschaft meiner Meinung nach nicht funktionieren. Deshalb wollte ich die Projekte, Ideen und Aufgaben, die ich in Uruguay angestoßen habe, weiterverfolgen. So hatte ich die Möglichkeit auch während dieser Krise meinen kleinen Beitrag dazu zu leisten, dass es nach Corona auch noch interessante Museen, Ausstellungen und vieles mehr geben wird.
Ich hatte bisher mehrmals, dank wunderbarer internationaler Programme, die Möglichkeit, für längere Zeit im Ausland zu leben. Dafür bin ich unglaublich dankbar. Programme wie kulturweit verändern nachhaltig Leben, Weltsichten und Persönlichkeiten und damit auch unsere Gesellschaft. Ich denke, das ist nicht übertrieben, denn immer mehr Menschen verbringen Teile ihres Lebens im Ausland und kehren wieder zurück. Sie verändern mit ihrem Handeln, ihrer Weltsicht, ihren Ideen und der Weitergabe dieser die Gesellschaft hin zu einer weltoffeneren, toleranteren, inklusiveren, und reflektierteren Gesellschaft."
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