tarek

freiwilliger in izmir, türkei

#SuchdasWeite mit Tarek

autofahren lernen im linksverkehr, sprachbrücken bauen in izmir und mit dem rennrad durch bogotá: drei ehemalige kulturweit-freiwillige berichten über ihre größten herausforderungen. Tarek ist auf Spurensuche im Kalksteinbecken.

Das Abitur in der Tasche, beschloss Tarek Hassan, Clique und Umfeld hinter sich zu lassen, um das Weite zu suchen. Mit kulturweit ging er 2011 für sechs Monate nach Izmir, wo er als Freiwilliger an der Deutschen Schule tätig war. Bis dato war die alte Handelsmetropole am Mittelmeer ein weißer Fleck auf seiner imaginären Landkarte.

"Als ich von meinem Einsatzort erfuhr, wusste ich noch nicht mal wie man den Namen Izmir richtig ausspricht" sagt Tarek und muss schmunzeln. Für seine 23 Jahre wirkt er ziemlich gelassen, wenn er geduldig zuhört, kurz innehält, überlegt, dann sein Gegenüber wieder fest in den Blick nimmt und seine Geschichte erzählt. Die Zeit im Ausland, sagt er, hat ihn verändert. Aus heutiger Sicht wohl mehr als er damals erahnen konnte. Dabei war gerade der Start nicht immer ganz leicht.

Tarek ging 2011 für sechs Monate nach Izmir, wo er als Freiwilliger an der Deutschen Schule tätig war.

"Wenn man etwas bewegen will, muss man sich selbst bewegen, sich selbst kennenlernen und sich den Spiegel vorhalten." 

Zunächst war da das Alleinsein. "Mit 18 in ein fremdes Land zu kommen, in einen Kontext, indem viele um einen herum schon arbeiten und Familie haben, war erstmal schwieriger als gedacht", erklärt Tarek das plötzliche Gefühl, auf sich allein gestellt zu sein. Im neuen Umfeld fallen die eingespielten täglichen Abläufe und organisch gewachsenen Beziehungen weg. Dann neue Kontakte knüpfen, aus sich raus gehen – das alles war erstmal neu. Der Anschluss gelang, weil ihm die Kollegen mit Rat, Tat und Erfahrung zur Seite standen. Aber auch, weil er auf seinen Reisen quer durch die Türkei immer wieder neue Leute kennenlernte und immer neue Erfahrungen sammelte.

Da war etwa diese Begegnung beim Couchsurfen, als er mit seinem Gastgeber über Deutschland plauderte und dieser plötzlich ein vergilbtes Foto in den Händen hielt. Er erzählte die Geschichte seines Vaters, der in den 60ern als Kohlearbeiter im Ruhrpott malochte, krank wurde und schließlich an den Folgen der harten Belastung verstarb. Ein Aspekt der deutsch-türkischen Historie, die heute nur noch selten beleuchtet wird. "Das hat mir nochmal eine ganz andere Perspektive auf mein Heimatland Deutschland eröffnet", sagt Tarek.

Seine persönliche Interview-Anwort auf Stichworte: Einsamkeit, Herausforderungen, Probleme, A-ha-Momente …

"Mit 18 in ein fremdes Land zu kommen, in einen Kontext, indem viele um einen herum schon arbeiten und Familie haben, war erstmal schwieriger als gedacht", erklärt Tarek das plötzliche Gefühl, auf sich allein gestellt zu sein.

Aber nicht nur Einheimische lernte er kennen, sondern auch junge Menschen aus aller Welt. Zu einer Gruppe taiwanesischer Jugendlicher knüpfte er besonders enge Bande. Sie reisten zusammen durch die Türkei und aus Reisebekanntschaften wurde echte Freundschaft. Als alle gemeinsam ein Bad in den Kalksteinbecken von Pamukkale nahmen, wurde ihm erst so richtig klar, "was für eine Chance es ist, so jung so lange finanziell und organisatorisch durch eine Institution unterstützt ins Ausland zu gehen." Diese unbeschwerte Freiheit, sich ohne starken Leistungsdruck ausprobieren zu können und Erfahrungen zu sammeln, will Tarek heute nicht missen. 

Und was bleibt sonst? Sicher die Arbeitserfahrung in seiner Einsatzstelle, die ihn in seinem Interesse an Kulturvermittlung bestärkt hat. Noch wichtiger sind aber die persönlichen Dinge: So studierte Tarek später ein Jahr Taiwan, um alte Freundschaften wieder zu beleben und um Chinesisch zu lernen. Im Rückblick war das Jahr mit kulturweit genau das Richtige, um nach dem Abitur erstmal in sich hinein zu schauen: "Wenn man etwas bewegen will, muss man sich selbst bewegen, sich selbst kennenlernen und sich den Spiegel vorhalten." Das klappt im Ausland viel besser als zu Hause.